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Wirtschaft der Region diskutierte mit Bundestagskandidaten über die Erwartungen der nordhessischen Wirtschaft an die Politik nach der Bundestagswahl 2021

7. Sep 2021

Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl 2021 Foto: Harry Soremski

Kassel. Gestern diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Kammern und Arbeitgeberverbände mit Bundestagskandidaten der Parteien aus der Region. Die Diskussion wurde mittels Livestream aus dem großen Sitzungssaal der IHK Kassel-Marburg auf Youtube übertragen. Antworten auf die Fragen der Wirtschaft gaben Michael Aufenanger (CDU), Timon Gremmels (SPD), Jürgen Lenders (FDP), Boris Mijatovic (Die Grünen), Stephanie Schury (Die Linke) und Albrecht Glaser (AfD).

Die Aufzeichnung der Diskussion ist in voller Länge unter dem Link https://www.youtube.com/watch?v=4rqYpU9Qt0s abrufbar.

Hier geht’s zum Kurzclip: https://youtu.be/-4cxCnlk47M

Überbordende Bürokratie bremst Dynamik und Wachstum aus

„Nach den monatelangen coronabedingten Einschränkungen und den damit verbundenen Einbußen beginnt sich unsere Wirtschaft langsam zu erholen. Deshalb ist es wichtig, dass die Unternehmen nicht weiter von einer überbordenden Bürokratie ausgebremst werden“, forderte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel (HWK) und Geschäftsführer der Dittmar Baugesellschaft mbH & Co. KG. „Denn schon vor der Pandemie mussten Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber einen erheblichen Teil ihrer Zeit für die Umsetzung staatlicher Vorgaben und deren Dokumentation nutzen, statt sie in ihre Unternehmen investieren zu können. Darüber wollten wir mit den Vertretern der Parteien in unserer Region ins Gespräch kommen. Denn seit langem ist die Belastung durch die Bürokratie so hoch, dass sie junge Menschen, insbesondere Betriebsnachfolgerinnen und Betriebsnachfolger davon abhält, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Das können wir uns künftig noch weniger leisten als bisher. Deshalb muss sich dringend etwas ändern.“

Klimapolitik: Miteinander von Wirtschaft und Politik statt gegeneinander

Julia Esterer, Präsidiumsmitglied der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg und Geschäftsführerin der Dr.-Ing. Ulrich Esterer GmbH & Co. Fahrzeugaufbauten und Anlagen KG, hob hervor, dass bei vielen Unternehmen zunehmend Unsicherheit um sich greift: „Das gilt für Unternehmen des städtischen stationären Einzelhandels ebenso wie für Industrieunternehmen. Über 60 Prozent unserer Unternehmen sehen laut der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als größtes Risiko für ihre Entwicklung an. Politik muss in Zeiten der Corona-Krise und der intensiven Diskussion um den richtigen Weg hin zu mehr Klimaneutralität Vertrauen schaffen“, so Julia Esterer. „Es geht um ein gutes Miteinander von Wirtschaft und Politik statt eines Gegeneinanders. Als Unternehmerin sage ich: Nur wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen, können Unternehmen Steuern für das Gemeinwohl erwirtschaften.“

Mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten, Befristungen und Arbeitsverträgen notwendig

„Die Corona-Pandemie hat zu starken Veränderungen in der Arbeitswelt geführt. Mit Hochdruck haben Unternehmen auf geänderte Bedarfe reagiert und ihre Arbeitsprozesse mit enormer Geschwindigkeit angepasst und gewandelt. Aber die unternehmerische Freiheit leidet unter den immer stärkeren Eingriffen der Politik, zum Beispiel bei Themen wie der sachgrundlosen Befristung, Werkverträgen und Homeoffice. Um für die anstehenden betrieblichen Transformationsprozesse gewappnet zu sein und bei der Digitalisierung Schritt halten zu können, brauchen wir mehr Flexibilität in der Arbeitswelt. Zeitarbeit, Befristung und Minijobs sind für die Wirtschaft wichtig, um auf saisonale oder konjunkturelle Schwankungen reagieren zu können. Überregulierung und Zwänge schaden der sozialen Marktwirtschaft. Außerdem brauchen wir in der Sozialpolitik den Mut zu einer Kehrtwende: keine neuen oder höheren Sozialleistungen. Keine abschlagsfreie Frührente mit 65 oder früher“, unterstrich Karsten Stückrath, stv. Vorsitzender des Vorstandes, Arbeitgeberverband HESSENMETALL Nordhessen und Geschäftsführer der ARVOS GmbH Schmidtsche Schack.

Durch Digitale Infrastruktur und gründerfreundliches Mindset aufholen

„Als Stimme der jungen Wirtschaft ist uns vor allem der Aufbau einer grün-derfreundlichen Infrastruktur hier in Nordhessen wichtig“, erläuterte Christoph Steinbach für die Wirtschaftsjunioren Kassel. „Dazu gehören deutlich weniger Bürokratie im Gründungsprozess, pragmatische Förderprogramme mit geringen Zugangshürden, ein gründerfreundliches Mindset der gesamten Region und eine Politik, die sich für ein innovatives Startup-Ökosystem Nordhessen stark macht. Die Voraussetzungen mit einer guten Uni, einer starken Industrie und einer guten Verkehrsanbindung Kassels sind bestens – warum sind uns Regionen wie Karlsruhe mit dem Cyberforum, Mannheim/Ludwigshafen mit dem Digitalhub Rhein-Neckar und Osnabrück mit dem Seedhouse weit voraus? Und was wollen unsere nordhessischen Vertreter im Bundestag dafür tun, dass Kassel bald in einer ähnlichen Liga spielt?“

Als Stimmen aus der Wirtschaft kamen Dr. Anne Fenge (Hermanns, Kassel), Katharina Koch (Landfleischerei Koch, Calden) und Julia Pohl (Horn & Bauer, Schwalmstadt) in kurzen Einspielern zu Wort. Die drei Unternehmerinnen berichteten über ihre betrieblichen Erfahrungen und brachten die Themen Arbeitsmarktflexibilisierung, Fachkräftesicherung und die digitale Infrastruktur in die Diskussion mit den Vertretern der Parteien ein. Zusätzlich konnten sich auch die Zuschauerinnen und Zuschauer des Livestreams während der Übertragung per Chat an der Veranstaltung beteiligen.

Pressestelle
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