Die Wirksamkeit einer Befristungsabrede entfällt nicht durch die einvernehmliche Vorverlegung des Arbeitsbeginns – auch wenn dies nicht schriftlich vereinbart wird. Das hat das BAG im Hinblick auf den Schutzzweck von § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) entschieden. (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 16.08.2023, Az. 7 AZR 300/22)
Sachverhalt
Der klagende Arbeitnehmer hat sich im März 2019 bei der beklagten Arbeitgeberin als Kassierer beworben. Noch im April unterzeichneten die Vertragsparteien einen Arbeitsvertrag, der dem Arbeitnehmer auch ausgehändigt wurde. Zur Vertragsdauer war das Folgende auf der ersten Seite bestimmt:
„§ 1 Tätigkeit, Vertragsdauer
(1) Der Arbeitnehmer wird als Kassierer im Südbad für den Zeitraum vom 15. Mai 2019 bis zum 30. September 2019 befristet eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf.…“
Noch im April 2019, d. h. vor dem vereinbarten Arbeitsbeginn, einigten sich die Parteien mündlich auf einen früheren Arbeitsantritt. Danach sollte der Arbeitnehmer bereits zum 01.05.2019 mit der Arbeit beginnen.
Die Arbeitgeberin übersandte dem Arbeitnehmer daher eine geänderte erste Seite des Arbeitsvertrags, in der eine befristete Einstellung „für den Zeitraum vom 1. Mai 2019 bis zum 30. September 2019“, ausgewiesen war. Dies verband sie mit der Bitte, die erste Seite des Vertrags auszutauschen und die „alte“ erste Seite zurückzusenden. Dies erfolgte nicht: der Arbeitnehmer nahm seine Tätigkeit am 4. Mai 2019 auf.
Nach Ablauf der Befristung erhob der Arbeitnehmer Klage. Vor Gericht machte er geltend, dass die Befristung des Arbeitsvertrages unwirksam gewesen sei. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die erforderliche Schriftform gem. § 14 Abs. 4 TzBfG fehle, da der frühere Arbeitsbeginn nicht schriftlich, sondern formlos erfolgt sei.
Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen hielt die Klage für unbegründet und wies sie ab. Auch das BAG entschied, dass das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2019 ordnungsgemäß endete. Die Befristungsabrede genügte dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG.
In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Parteien mit der Befristungsabrede einen kalendermäßig bestimmten Endtermin, nämlich den 30. September 2019, vereinbart hatten. Die Vorverlegung des Arbeitsbeginns habe das Enddatum der Befristung nicht geändert und habe der Schriftform nicht bedurft. Durch die spätere Einigung auf einen früheren Tätigkeitsbeginn hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer keinen weiteren oder neuen Arbeitsvertrag mit nur mündlicher Befristungsabrede getroffen.
Der Anfangszeitpunkt eines befristeten Arbeitsvertrags bedarf allenfalls dann der Schriftform, wenn er zur Bestimmung des Endzeitpunkts maßgeblich ist. Erforderlich ist stets, dass der Endzeitpunkt eindeutig bestimmt oder bestimmbar ist; entsprechend unterliegen bei kalendermäßigen Befristungen entweder das Beendigungsdatum oder der Vertragsbeginn und die Vertragsdauer („ab einem bestimmten Datum für eine bestimmte Dauer“) dem Schriftformgebot.
Das Gericht begründete dies mit Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses, welches eine Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion hat. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten. Außerdem bezweckt es eine Erleichterung der Beweisführung. Mit der Befristungsabrede soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden.
Für die Praxis
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern soll mit dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG deutlich vor Augen geführt werden, dass ihr Arbeitsverhältnis – anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags – zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und aus diesem Grund keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann. Mit diesem Verständnis des Schriftformgebots reicht bei einer Zeitbefristung die eindeutige Angabe nur des Endtermins jedenfalls dann aus, sofern die nachträgliche Änderung des Arbeitsbeginns nicht den zuvor formwirksam vereinbarten Endtermin verändert.
Arbeitgeber, die befristete Arbeitsverträge abschließen wollen, sollten dennoch darauf achten, dass ein beiderseits unterschriebener schriftlicher Arbeitsvertrag mit eindeutiger Befristungsabrede vorliegt, und zwar spätestens vor dem erstmaligen Arbeitsantritt. Denn ein Verstoß gegen das in § 14 Abs. 4 TzBfG angeordnete Schriftformerfordernis hat zur Folge, dass die Befristung unwirksam ist, d. h. das Arbeitsverhältnis als solches weiter unbefristet fortbesteht.
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