Mit der Gründung einer gemeinnützigen Genossenschaft ist ein weiterer Schritt für den Aufbau und Betrieb eines Berufsorientierungszentrums (BOZ) im Landkreis Kassel vollzogen worden. Bei der Gründerversammlung am 27. Juli im Kreishaus in Kassel sind der Landkreis Kassel, die Handwerkskammer Kassel (HWK), die Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg (IHK), die Kreishandwerkerschaft Kassel, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Nordhessen e. V. (Hessenmetall) und der Einzelhandelsverband Hessen-Nord e.V. (EHV) Mitglieder der Genossenschaft „Berufsorientierungszentrum im Landkreis Kassel eG“ geworden.
Pilotprojekt mit Vorbildcharakter
„Das ist ein historischer Moment und ein wichtiger Schritt, um dem sich stetig zuspitzenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Wirtschaftskraft in der Region zu halten. Ich bin froh über den großen Zusammenhalt von Unternehmern und Verbänden bei der Sicherung unserer Zukunft im ländlichen Raum. Das Berufsorientierungszentrum ist als Pilotprojekt zunächst auf den Landkreis Kassel begrenzt, soll aber einen Vorbildcharakter für andere Landkreise und Kammerbezirke haben“, sagt Landrat Andreas Siebert. Gemeinsam mit Carsten Rahier, Vorstandsmitglied im Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Nordhessen e. V. und Vorsitzender im VhU-Regionalbeirat Nordhessen, bildet Siebert den Vorstand der neugegründeten Genossenschaft.
Verantwortung für zukünftige Generationen
Carsten Rahier ergänzt: „Die berufliche Orientierungslosigkeit unter Schülerinnen und Schülern nimmt spürbar zu. Gerade im Handwerk, im Einzelhandel und der Gastronomie, aber auch in der Industrie fehlen uns junge Talente. Viele Ausbildungsplätze können auch in diesem Jahr wieder nicht besetzt werden, da es an ausreichend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern mangelt. In einer Zeit gravierender ökologischer, technologischer und gesellschaftlicher Transformationen ist das BOZ ein wichtiger Baustein beim Übergang von der Schule in die Berufswelt, indem ausbildende Betriebe ihre Berufe an einem Ort für Jugendliche praktisch erlebbar machen. Mit der Gründung der Genossenschaft und dem Aufbau des BOZ sind wir auf dem richtigen Weg und übernehmen Verantwortung für zukünftige Generationen und die wirtschaftliche Entwicklung in der Region.“
Beerufe hautnah erlebbar machen
In den Aufsichtsrat der neu gegründeten Genossenschaft „Berufsorientierungszentrum im Landkreis Kassel e.G.“ wurden Dr. Thomas Fölsch, Bereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der IHK Kassel-Marburg, Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel, und Marius Jung, stellvertretender Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, berufen.
„Berufe hautnah erlebbar zu machen, ist der beste Weg, um die unglaubliche Vielfalt und Attraktivität einer dualen Ausbildung zu zeigen“, betont der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Dr. Thomas Fölsch, Bereichsleiter Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg. Das BOZ stelle einen wichtigen Baustein dar, um Jugendliche bei ihrer Berufswahl zu unterstützen. Dass die berufliche Bildung oft zu vergleichbaren Einkommens- und Karriereperspektiven führt wie ein Studium, habe erst vor Kurzem eine Umfrage der Industrie- und Handelskammern unter Weiterbildungsabsolventen gezeigt.
Dr. Fölsch: „Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die über kein eigenes Berufsorientierungskonzept verfügen, bietet es sich an, das BOZ zu nutzen.“
Attraktive Ausbilder und Arbeitgeber
Aufsichtsratsmitglied Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel, sagt: „Angesichts der demografischen Entwicklung, der anhaltend hohen Studierneigung der Jugendlichen und des großen Fachkräftebedarfs, den das Handwerk auch künftig haben wird, wird eine gute Berufsorientierung immer wichtiger. Mit dem BOZ bieten wir jungen Menschen die Gelegenheit, ihre Kompetenzen und Neigungen ganz praktisch zu erfahren. Darüber hinaus können sich unsere Betriebe dort als attraktive Ausbilder und Arbeitgeber präsentieren und für sich und ihr Handwerk werben. Damit erfüllt das BOZ die Voraussetzung als ein Baustein dem Fachkräftemangel wirksam zu begegnen. Es leistet so auch einen Beitrag zur Attraktivität des Landkreises Kassel.“
„Nur gemeinsam sind wir stark“
Das unterstreicht auch Marius Jung, stellvertretender Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Kassel: „Wir leben und arbeiten hier. Unsere Mitgliedsbetriebe und ihre Mitarbeiter sind mit der Region ebenso verwurzelt wie viele ihrer Kunden. Damit das Handwerk seinen vielseitigen Aufgaben und Herausforderungen auch zukünftig gerecht werden kann, brauchen wir guten Nachwuchs und den gibt es leider nur begrenzt. Das BOZ bietet eine neue Möglichkeit, junge Menschen auf uns und das Handwerk in seiner Vielfalt aufmerksam zu machen und gleichzeitig zum Mitmachen zu motivieren. Hier sehen wir eine Chance für unsere Innungsbetriebe, zukunftsfähig zu bleiben – und hoffen auf positives Feedback der Mitgliedsbetriebe und ihrer Mitarbeiter. Denn nur gemeinsam sind wir stark.“
Auch der Einzelhandelsverband Hessen Nord e.V sieht das große Potenzial für die Region und für die eigene Branche: „Das Berufsorientierungszentrum des Landkreises Kassel wird vielen Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf behilflich sein, indem der Prozess der beruflichen Orientierung und Berufswegeplanung gezielt unterstützt und durchlaufen wird“, sagt Dirk Schöttelndreier, Geschäftsführer beim Einzelhandelsverband Hessen-Nord e. V. abschließend.
Interessierte Unternehmen, die im Berufsorientierungszentrum mitwirken und Berufsbilder vorstellen wollen, wenden sich per Mail an landrat@landkreiskassel.de.
Hintergrund: Das Berufsorientierungszentrum
Das Berufsorientierungszentrum soll junge Menschen für Ausbildungsberufe begeistern und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Im BOZ wird Schülerinnen und Schülern ab der Jahrgangsstufe 8 der Einblick in unterschiedliche Berufe in Theorie und Praxis ermöglicht. An speziell dafür eingerichteten Arbeitsplätzen werden Berufe erlebbar gemacht. Das Spektrum der vorgestellten Berufe wird durch die Unternehmen in der Region bestimmt. Neben der Beratung und Unterstützung von jungen Menschen bei der Berufsorientierung, haben Unternehmen die Möglichkeit, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Im BOZ können Kontakte geknüpft und potenzielle Auszubildende akquiriert werden. Die Schulen im Landkreis Kassel haben bereits zugesagt, ihre Berufsorientierungsformate im Unterricht auf das BOZ-Angebot abzustimmen.
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