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Aktuelles Urteil: Wann ist eine Druckänderungskündigung rechtens?

2. Okt. 2024

Gerd Altmann, Pixabay

Wenn eine Befragung unter der Belegschaft ergibt, dass ein Großteil der Beschäftigten nicht mit einer speziellen Kollegin zusammenarbeiten will, reicht dies für eine Druckänderungskündigung nicht aus. Das entschied das LAG Nürnberg (Urt. v. 12.12.2023, 7 Sa 61/23)

Um eine sog. Druckkündigung handelt es sich, wenn Dritte dem Arbeitgeber Nachteile androhen, falls er nicht einen bestimmten Beschäftigten / eine bestimmte Beschäftigte entlässt.

Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung. Bereits seit 2005 bestanden wiederholte Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und anderen Mitarbeitenden der Beklagten. Nachdem die Klägerin zwischen 2019 bis 2021 längere Zeit krankheitsbedingt ausgefallen war, stand ihre Rückkehr an den Arbeitsplatz bevor. 

Als bekannt wurde, dass die Klägerin wieder zur Arbeit zurückkehren werde, klagten mehrere Mitarbeiter über den psychischen Druck, den sie ausübte sowie ihr manipulatives Agieren. Eine Befragung der Beklagten ergab, dass diese eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr für möglich hielten. Falls die Klägerin an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde, schlossen einige Mitarbeiter eine Kündigung oder einen erhöhten Krankenstand durch Stress nicht aus.

Um einer Eigenkündigungswelle in dem Labor zuvorzukommen, sprach die Arbeitgeberin die ordentliche Änderungskündigung zum 30.09.2022 aus. Die Klägerin sollte ab dem 01.10.2022 in dem ca. 90 Kilometer entfernten anderen Betrieb arbeiten und für das erste Jahr Reisekosten mit 0,30 Euro pro Kilometer erhalten. Dies hätte zu einer Verlängerung des Arbeitswegs geführt von ca. 16 km auf ca. 90 km und einer Verlängerung der Fahrzeit mit dem Pkw von ca. 25 Minuten auf mind. 70 Minuten.

Entscheidung

Das LAG Nürnberg hielt die Voraussetzungen an die Druckkündigung für nicht erfüllt an.

Das LAG Nürnberg verwies auf die höchstrichterliche Rechtsprechung. Bei einer sog. Druckkündigung wird vom Arbeitgeber ein aktives Handeln verlangt, das darauf gerichtet ist, den Druck abzuwehren. Dafür reicht es nicht aus, dass er überhaupt Gespräche mit den die Drohung aussprechenden Arbeitnehmern führt und ggf. gemeinsame Beratungen zwischen diesen und dem betroffenen Arbeitnehmer moderiert (Mediation). Er muss vielmehr argumentativ deutlich gegenüber den Mitarbeitern machen, dass aus seiner Sicht ein objektiver Anlass für eine Kündigung nicht besteht. Ob er mit diesem Standpunkt letztlich durchdringen kann, ist unbeachtlich. Liegen die Ursachen für das Kündigungsverlangen in Konflikten, die sich auf die Zusammenarbeit im Betrieb beziehen, kann der Arbeitgeber überdies gehalten sein, durch Ausübung seines Weisungsrechts auf die involvierten Arbeitnehmer einzuwirken.

Vorliegend hatte die Arbeitgeberin aber noch nicht einmal die Mitarbeiter aufgefordert, eine Zusammenarbeit mit der Klägerin auszuprobieren. Nach der Befragung war sie nicht vermittelnd tätig geworden und hatte nicht deutlich gemacht, dass kein Kündigungsgrund vorliegt. Schon daran scheitert hier die Kündigung, ohne dass es noch einer Vertiefung der weiteren Fragen in diesem Zusammenhang – erheblicher wirtschaftlicher Schaden, Änderungskündigung als letztes Mittel – ankäme. Angesichts der fehlenden Versetzungsklausel und der großen Entfernung war der neue Arbeitsplatz außerdem nicht zumutbar.

Für die Praxis

Die Entscheidung zeigt, dass die Rechtsprechung bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Druckkündigung strenge Maßstäbe zugrunde legt. Insbesondere wird im vorliegenden Urteil konkretisiert, was es bedeutet, sich schützend vor seine Beschäftigten zu stellen.

Pressestelle

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