Mit seiner marktreifen Idee „Holz-Beton-Verbundbauteile durch nachträglichen Verguss mit Polymermörteln“ überzeugte Jens Frohnmüller die Jury des Unikat Ideenwettbewerbs. Der Unternehmerverband Nordhessen e. V. stiftete den zweiten Preis, der mit 2.000 € dotiert war. Der Geschäftsführer des Verbandes, Jürgen Kümpel, überreichte den Preis vor dem Haus der Arbeitgeberverbände. Wir führten ein Interview mit dem Preisträger.
Lieber Herr Frohnmüller, können Sie uns in aller Kürze den Kern Ihrer Idee beschreiben?
Sehr gerne. Bei meiner Idee handelt es sich um ein Verfahren zur einfachen und sicheren Herstellung von tragenden Hybriddecken aus Holz. Durch meine Idee können Holz und Betonfertigteile, welche von unterschiedlichen Firmen vorgefertigt wurden, ganz einfach direkt auf der Baustelle und dazu witterungsunabgängig miteinander verbunden werden.
Sie sprechen von Decken, bei denen Holz und Beton fest miteinander verbunden werden. Wo sehen Sie die Einsatzgebiete und was sind die Vorteile dieser Bauweise?
Hybriddecken werden überall dort eingesetzt, wo die kritischen Punkte wie Deckenschwingungen und Brandschutz verbessert werden sollen. Sie sind daher besonders für Wohnungsdecken geeignet, wobei vom Einfamilienhaus bis zum Holzhochhaus hierbei keine Grenzen gesetzt sind. Durch die hybride Konstruktion werden die Materialien sehr effizient genutzt und es entsteht ein ressourcenschonendes und nachhaltiges Tragwerk.
Holz mit Beton zu kombinieren, das ist doch nicht neu.
Das ist richtig. Hybriddecken werden im Bauwesen bereits eingesetzt und der Marktanteil wird jedes Jahr größer. Derzeit werden die Decken jedoch hergestellt, indem hunderte Schrauben durch im Betonfertigteil vorinstallierte Plastikhülsen in die Holzbalken gedreht werden und Ortbeton vergossen wird. Das ist aufwändig, teuer, zeitintensiv und oft fehleranfällig. Durch eine Verklebung von Holz und im Werk vorgefertigten Betonplatten könnte man hier sehr viel effizienter werden. Nach dem aktuellen Stand der Forschung sind hierbei jedoch vor allem Fragestellungen zur Qualitätskontrolle und zur Verklebung unabhängig von Wind, Wetter und Temperatur zu klären.
Und diese Fragestellungen werden durch Ihre Idee überwunden? Was ist das Innovative an Ihrer Idee?
Genau. Durch meine Idee können Betonfertigteile und Holz witterungsunabhängig hergestellt werden. Konkret funktioniert das so, dass die Rohdecke frei nach dem „Lego-Prinzip“ mit zum Beispiel einem Mobilkran hergestellt wird. Dann können bereits Wände, Fenster und die darüber liegenden Decken eingebaut werden. Erst dann, nachdem alle Rohbauarbeiten abgeschlossen sind, wird der eigentliche Verbund zwischen Holz und Beton durch den nachträglichen Verguss von Hochleistungs-Polymermörteln (auch Polymer, Reaktionsharz- oder Kunstharzbeton) hergestellt. Holz und Beton werden sozusagen miteinander „verklebt“ und so fest miteinander verbunden, dass Schrauben überflüssig werden.
Und wie wird dadurch eine Qualitätssicherung ermöglicht, so wie Sie es eingangs angesprochen haben?
Das ist eine gute Frage. Bei herkömmlich, flächig verklebten Hybriddecken, bei welchen die Unterseiten der Betonplatten mit den Holzbalken verklebt werden, ist die Klebefuge nicht einsehbar. Wenn der Klebstoff also aus der Fuge herausgelaufen ist und dadurch kein Kontakt mehr zwischen Klebstoff und Beton vorhanden ist, dann kann man das von außen nicht erkennen. Bei meiner Idee ist die kritische Verbindungsfuge zwischen Klebstoff (in dem Fall der Polymermörtel) und dem Beton voll sichtbar. Man kann die Qualität der Verbundfuge also visuell beurteilen. Darüber hinaus wird durch die konsequente Trennung von „trockenen“ und „nassen“ Arbeitsschritten der Baustellenablauf signifikant verbessert und die Fehleranfälligkeit reduziert. Als „nasse“ Arbeitsschritte werden Arbeiten bezeichnet, bei welchen z. B. mit frisch angemischtem Estrich, Beton oder Mörtel gearbeitet wird. „Trockene“ Arbeitsschritte sind z. B. das Auflegen der vorgefertigten Betonplatten oder Wänden.
Gibt es noch weitere Vorteile?
Ja, die gibt es. Das von mir entwickelte Verfahren ist einfach auszuführen, geht schnell und ist sehr wirtschaftlich. Es ist sogar günstiger, als die bisher am Markt verfügbaren Baumethoden. Die ausführende Firma spart darüber hinaus Bauzeit, Personal- und Materialkosten. Schließlich kann der Estrichleger nach Einfügen des Polymermörtels direkt den Estrich einbringen. Dadurch kann ein kompletter Verfahrensschritt in der witterungsabhängigen Rohbauphase entfallen und mit anderen Ausbauarbeiten in der Ausbauphase durchgeführt werden. Dass der Verbund zwischen Holz und Beton durch meine Idee sehr einfach, mit gängigen Bauverfahren und vollständig unabhängig von der Außentemperatur oder der Witterung ausgeführt werden kann, sind jedoch die größten Vorteile.
Wie sind Sie eigentlich auf diese Idee gekommen?
Während meiner Semesterferien habe ich oft auf dem Bau gearbeitet und musste Tausende der eben erwähnten Schrauben eindrehen. Da habe ich mir gedacht: Das muss doch auch anders gehen. Im Studium Bauingenieurwesen habe ich mich mit dem Schwingungsverhalten von Tragwerken beschäftigt. Nach meinem Masterabschluss habe ich dann die Möglichkeit erhalten an die Universität Kassel an das Fachgebiet von Prof. Dr.-Ing. Werner Seim zu gehen. Das ist bundesweit das einzige Forschungseinrichtung für Bauingenieure, welches sich in der Tiefe mit geklebten Hybridtragwerken aus Holz und Beton beschäftigt. Hier kann ich nun als wissenschaftlicher Mitarbeiter meine Ideen weiterentwickeln und habe genieße das Privileg, Teil eines tollen Teams zu sein. Durch die fachliche Leitung von Herrn Professor Seim herrscht hier eine unglaublich produktive und kameradschaftliche Arbeitsatmosphäre. Ohne das alles hätte ich meine Idee nie verwirklichen können. Ich bin sicher, dass man in der Zukunft noch einiges aus dieser „Ideenschmiede“ hören wird.
Und wie sieht jetzt Ihr Geschäftsmodell aus?
Momentan läuft die Anmeldung als Patent. Nach der Eintragung möchte ich in einem Referenzobjekt praktische Erfahrungen sammeln, um die Leistungsfähigkeit der Holz Hybridbauweise unter Beweis zu stellen. Das ist der nächste logische Schritt, nachdem Laborversuche und Berechnungen erfolgreich abgeschlossen wurden. Meine berufliche Zukunft sehe ich in der Bereitstellung meines Know-hows als Ingenieurdienstleistung, zum Beispiel als selbstständiger Tragwerksplaner.
Sie sind 27 Jahre alt und kommen aus der Region Freiburg, einer schönen Stadt. Wie gefällt Ihnen Kassel und Nordhessen?
Die Universität Kassel ist für mich sehr attraktiv, weil ich hier viel Unterstützung bekomme und es kurze Wege innerhalb der Fachgebiete gibt. Besonders begeistert bin ich von der wunderschönen Landschaft rund um Kassel und vom kulturellen Angebot der Stadt. Das Staatstheater und das Kulturzelt sowie die Museen habe ich in den letzten Jahren schätzen und lieben gelernt. Ich hoffe deswegen, dass wir im nächsten Jahr wieder mehr Möglichkeiten haben, die attraktiven Angebote zu nutzen. Ich fühle mich sehr wohl in Kassel.
Letzte Frage: Was machen Sie mit den 2.000 Euro Preisgeld des Unternehmerverbandes Nordhessen?
Das Preisgeld würde ich gerne einsetzen, um Tests an vollmaßstäblichen Deckenbauteilen durchzuführen. Auf diese Weise kann die Bauweise dann auch im Maßstab 1:1 auf Herz und Nieren geprüft werden.
Vielen Dank, Herr Frohnmüller.
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