Wie soll die Politik nach der Landtagswahl 2023 gestaltet sein? Über die Erwartungen der Wirtschaft informierte am Mittwoch Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), auf der Sitzung des VhU-Beirats Nordhessen.
In seiner Begrüßung bedankte sich Carsten Rahier, Vorsitzender der VhU Nordhessen, für den Besuch des Hauptgeschäftsführer und hieß zudem besonders Kassels Regierungspräsident Mark Weinmeister willkommen. Die über 30 Teilnehmer, darunter auch Gäste aus befreundeten Verbänden, erfuhren mehr über die Positionen der Spitzenorganisation der freiwillig organisierten hessischen Wirtschaft: Standpunkte zu 21 Themengebieten waren im Mai durch das VhU-Präsidium beschlossen und eine eigens dazu erstellte umfangreiche Broschüre als Diskussionsbeitrag an mehr als 1000 Politiker aller Parteien in Hessen verschickt worden.
Der Staat, führte Pollert gleich zu Beginn aus, „ist nicht der bessere Unternehmer“. Er sei Regelsetzer und Schiedsrichter, aber kein Mitspieler. Der Staat müsse den Wettbewerb schützen, nicht aber ihn „ordnen“ durch Interventionen.
Wettbewerbsfähigkeit hessischer Unternehmen erhalten
Der Hauptgeschäftsführer konzentrierte sich in seinen Ausführungen über die Erwartungen der Wirtschaft auf einige wesentliche Themenfelder, die dafür sorgen sollen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhalten und der Heimatstandort Hessen auch zukünftig attraktiv bleibt. Ganz bewusst habe man weit vor der Hessenwahl 2023 die Anliegen formuliert, denn die Erfordernisse zur Bewältigung aktueller Krisen erschwerten es, so Pollert, langfristige Herausforderungen in den Blick zu nehmen.
An oberster Stelle steht für die VhU die Forderung, an einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik mit Schuldenbremse festzuhalten und eine Lastverschiebung in die Zukunft zu beenden. So sollten etwa Corona-Schulden in zehn Jahren getilgt werden und nicht erst binnen 22 Jahren. Aber auch Investitionen in Bildung, digitale Modernisierung und den Breitbandausbau finden sich auf der Prioritätenliste wieder – eine ausführliche Zusammenfassung kann auf die VhU-Webseite angesehen sowie die komplette Broschüre heruntergeladen werden.
RP eine Mittelinstanz zwischen Kommunen und Landesregierung
Im Anschluss an Pollerts Ausführungen stellte Carsten Rahier Kassels Regierungspräsidenten Mark Weinmeister vor. Besonders für die Unternehmen in Nord- und Osthessen, dem größten Regierungsbezirk Deutschlands, sei es wichtig, „ein gut aufgestelltes Regierungspräsidium (RP) zu haben, das die Bedürfnisse und Gegebenheiten der Region kennt, mit den dortigen Kommunen, Institutionen, Unternehmen und Bürgern enger vernetzt ist und diese in der Landeshauptstadt vertritt“. Weinmeister, der als „echter Nordhesse“ seit dem Februar 2022 die Behörde leitet, sei ein erfahrener Politiker, der nun als Mittelinstanz zwischen den Kommunen und der Landesregierung wirke und breit gefächerte Aufgaben habe.
Weinmeister will als „Anwalt der Region“ wirken
Diese Aufgaben, betonte Weinmeister schmunzelnd, lägen jedoch nicht nur im Versand von Knöllchen, auf die Rahier mit einem Augenzwinkern hingewiesen hatte. Zwar sorge das RP auch für Recht und Ordnung auf den Straßen, doch bearbeite es auch und vor allem Themen, die Unternehmer tangieren – so etwa Infrastruktur, Umwelt- und Arbeitsschutz, Hochwasserschutz, Planfeststellungsverfahren und Kinderbetreuung. Weinmeister betonte, dass in vielen Bereichen eine veränderte Gesetzgebung erforderlich sei. Gleichzeitig wies er aber auch darauf hin, dass die Bundesregierung vieles gar nicht mehr in der Hand habe, weil es auf europäischer Ebene geregelt werden müsse.
Als Regierungspräsident, so Weinmeister abschließend, wolle er als Anwalt der Region wirken und diese voranbringen – „mit den Menschen und mit der Wirtschaft“.
Im Anschluss an die Veranstaltung im Südflügel des Kulturbahnhofs tauschten sich die Gäste bei einem Imbiss über die Themen des Tages aus. VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert lud sie dazu ein, die 120-seitige Broschüre in aller Ruhe zu studieren. Gleichzeitig bot er an, vor der Wahl in einigen Monaten gern noch einmal bei einem Besuch in Kassel die Positionen des VhU mit den Vertretern aus der Wirtschaft zu diskutieren.
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